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Wer, wenn nicht wir Menschen?

Was unser Zusammenleben häufig erschwert, sind die meist viel zu hohen Erwartungen in unser Gegenüber. Sei es der Partner, die Arbeitskollegen, Freunde, Bekannte und natürlich werden auch die Hunde nicht verschont.

Kurse gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, um sich und natürlich auch seine Hunde zu optimieren. Warum jedes Jahr neue Themen en vogue sind, woher das kommt und vor allem, warum die letzte Selbstoptimierung schon wieder veraltet sein soll, wird nicht hinterfragt. Jedem Trend, egal wie unsinnig, wird hinterhergerannt.


Wir Menschen haben das große Glück selbst denken und vor allem selbst entscheiden zu können, ob wir uns weiter verbiegen lassen und einreden lassen wollen, dass wir nie der sich ständig ändernden Norm entsprechen werden, wenn wir nicht dies oder jenes tun oder auch nicht.

Unsere Hunde aber können nicht entscheiden, ob sie auch noch den 27. Kurs in „Benimm dich“ oder „Antibell Hund“ belegen wollen. Sie werden hingeschleppt, weil es z.B. der bekannte Trainer im Fernsehen so gesagt hat. Und die Hunde, die dort präsentiert wurden, haben ja aufs Wort gehorcht. Sie zumindest wird es den Menschen gezeigt und eine hohe Erwartungshaltung geschürt

Nicht zu sehen bekommt das Publikum die Wahrheit. Sie sehen nicht, wie lange es gedauert hat, bis eine Sequenz im Kasten war, wie oft der Hund eben nicht gehorcht hat und dass die wenigen präsentierten Minuten manchmal Tage gebraucht haben, bis sie abgedreht waren. Die Wahrheit lässt sich einfach nicht gut verkaufen und wer will schon Kurse buchen, wenn den Menschen gezeigt wird, dass Lebewesen Ecken und Kanten haben und alles andere als perfekt sind? 


Eines aber zieht sich durch alle Bereiche, egal wohin wir blicken: es geht ums Geld. Schafft man es, den Menschen eine Illusion vorzuspiegeln und Begehrlichkeiten zu wecken sind viele Menschen bereit, auch sehr viel Geld zu bezahlen. Ein gutes Beispiel dürfte der Markt Zubehör sein. Wenn wir einen Zoomarkt betreten, werden wir fast schon von der Menge an Artikeln erschlagen und natürlich wollen sie all dieses Zeug verkaufen. Nicht umsonst werden mit diesen Artikeln Milliarden umgesetzt.


Doch seien wir ehrlich. Wer braucht all dieses Zeug? Der Hund sicher nicht! Ihm ist es egal, welche Farbe ein Ball hat oder wie süß der Teddybär aussieht. Dies alles soll die Menschen ansprechen, denn sie sind es, die am Ende bezahlen und glücklich das Geschäft verlassen. In diesem Artikel sei nur nebenbei bemerkt, dass all dieses Zeug, was uns als Spielzeug für Hunde präsentiert wird, für unsere Hunde nichts anderes als Beute ist.

Über das Thema „Irrungen und Wirrungen“ könnte man wohl ganze Bücher schreiben, denn wir finden sie in allen Bereichen unseres Lebens. Wenn wir aber zurückblicken können wir erkennen, dass wir beschäftigt werden wie die Hamster in ihrem Hamsterrad. Als neuestes Beispiel möchte ich hier auf die neueste, gesündeste Erkenntnis aus unserer Ernährung kurz eingehen.


Nun wird uns von morgens bis abends von allen Seiten erzählt, dass wir Insekten essen sollen. Sie seien gesund und äußerst nahrhaft. Auf mögliche Risiken wie Allergien oder Parasitenbefall (durch Studien belegt) weist man mal lieber nicht hin, es könnte die Menschen doch abschrecken. Es überrascht kaum, dass auch das Hundefutter bereits umgestellt wird. Wie so oft in der Vergangenheit wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis die ersten Warnungen erscheinen und der nächste ultimative Trend präsentiert wird.

Wer immer alles perfekt machen will, es allen recht machen will und jedem Trend hinterherläuft, wird niemals ankommen. Er wird immer ein Suchender und somit ein Opfer einer Industrie sein deren einzige Existenzberechtigung darin liegt, uns zu verunsichern.

Menschen, die wissen was sie wollen und die auch Fehler und Schwächen bei sich und anderen akzeptieren, brauchen niemanden, der ihnen vorschreibt, was richtig und was falsch ist.


Und das gilt auch im Umgang mit unseren Hunden. Hunde sind perfekt, so wie sie sind. Sie lesen und hören all die Ratgeber und neuesten Erkenntnisse nicht. Sie vertrauen nach wie vor auf ihre Instinkte und wissen, dass diese sie niemals täuschen werden.

Wir verfügen ebenfalls über diese Instinkte, wir nennen es Bauchgefühl und es ist erwiesen, dass uns dieses niemals täuscht. Häufig spüren wir, wenn wir belogen werden oder etwas vollkommen unsinnig ist, doch wir lassen uns überreden und machen mit. Nicht selten um später zu sagen „hätte ich doch nur auf meinen Bauch gehört“. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage wie es die Menschen geschafft haben, ohne all die Ratgeber, einer sich ständig ändernden wissenschaftlichen Erkenntnis und Dauerbelehrung durch die Medien zu überleben?


Wenn wir tief in uns gehen und ehrlich zu uns selber sind, sollen Hunde meist Erwartungen erfüllen, die wir an uns haben. Sie sollen nach Außen eine Perfektion zeigen, die uns fehlt. Sie sollen uns den Halt geben, der uns genommen wurde und die Orientierung geben, die wir verloren haben.

Mit diesen Erwartungen sind Hunde hoffnungslos überfordert. Diese Aufgabe können sie nicht leisten und zeigen uns dies auch, meist sehr deutlich. Doch auch hier laufen viele Menschen in die nächste Falle und lassen sich einreden, der Hund braucht nur ein wenig Training hier und etwas Konditionierung dort, und alle Probleme seien gelöst. Es wäre toll, wenn es so einfach wäre, wenn die Welt für Mensch und Hund nur aus schwarz und weiß bestünde.


Wenn wir uns aus dieser „Kunstwelt“ befreien und wieder sehen was ist und nicht nur, was wir sehen sollen, kann sich für uns eine völlig neue Welt eröffnen. Es ist eine Welt, die gar nicht viel von uns verlangt außer wieder selber zu denken und zu lenken. Eine Welt, die aus mehr besteht als schlechten Nachrichten und gut bezahlten Influenzern, die uns sagen, wie wir auszusehen haben oder was wir noch sagen dürfen.

Ich gebe zu, es ist ein nicht immer ein einfacher Weg, sich aus der Masse und vor allem aus der Manipulation zu befreien. Dennoch kann ich sagen, dass sich dieser Weg lohnt. Es ist der einzige Weg zu sich selbst, denn niemand außer uns kann wissen, was uns wirklich gut tut, wie wir sein wollen oder was uns schmeckt. Jeder Mensch ist einzigartig und verfügt über ein enormes Potential. Dieses zu nutzen oder auch nicht, ist eine Entscheidung, die wir meist anderen überlassen.


Dies gilt auch für unsere Hunde. Jeder Hund ist anders und manche sind speziell. Und doch eint sie ihre Authentizität. Diese verlieren sie erst durch Menschenhand, wenn auch die Hunde auf Trainingsplätzen genormt und an den jeweiligen Trend angepasst werden sollen.

Wenn wir unsere Hunde wieder als Lebewesen mit Stärken, Schwächen aber auch Kompetenzen sehen, können wir von ihnen sehr viel lernen. Sie zeigen uns, wenn wir unsere Mitte verlieren oder etwas tun, wovon wir nicht wirklich überzeugt sind.

Sie lehren uns, uns anzunehmen wie wir sind, unsere Schwächen zu akzeptieren und unsere Stärken zu leben. Auf diesem Weg verzeihen sie uns auch den ein oder anderen Fehler.


Lassen wir den Fernseher aus und den zehnten Ratgeber zu und lernen wir wieder zu beobachten. Dann kommen wir uns, unseren Hunden und auch unserer Natur wieder näher. Nehmen wir uns die Zeit, wieder zu spüren und in uns hineinzufühlen, werden wir so manche Überraschung aus uns herausholen. Es ist das Bauchgefühl, das uns mit in die Wiege gelegt wurde, ebenso wie die Authentizität.

Durch all die Erziehungsstufen, Bildungseinrichtungen und Schulungsprogramme allerdings haben wir dies verloren, es wurde uns abtrainiert und aberzogen. Dies eint Mensch und Hund!


Es liegt an den Menschen, sich und seinen Hund aus der Fessel der erwartungsvollen Gesellschaft zu befreien und sich und seinen Hund mit einem offenen Herzen zu sehen. Wenn Menschen sich ändern, sind manche Freunde oder Partner enttäuscht, wenn sie nicht mehr wie gewohnt funktionieren, wenn sie auch mal Nein sagen.

Jede Entwicklung ist ein Prozess. Und dieser Prozess kann auch ein Loslassen beinhalten. Eventuell ein Loslassen von Beziehungen, von denen man bereits gespürt hat, dass sie einem nicht guttun aber auch ein Loslassen von der Illusion, dass es für Milliarden Menschen oder auch Hunde DIE eine Methode oder DAS eine System zum Erfolg oder Glück gibt.


Es gibt Anregungen oder Erfahrungen von verschiedenen Seiten, aber niemals DEN EINEN WEG! Der eine Weg ist der eines jeden Einzelnen und diesen Weg muss jeder für sich finden. Auf diesem Weg sind Hunde die besten Begleiter, die man sich wünschen kann. Stets ehrlich und immer zur Stelle, falls der Mensch mal wieder falsch abbiegen will.


Erkennen wir, dass Beziehungen immer Ursache und Wirkung sind, ist der erste Schritt bereits getan. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, man kann Menschen, Hunde oder Lebenssituationen nur ändern, wenn man selber aktiv wird und bei sich beginnt. Und meist reicht bereits eine kleine Änderung im eigenen Verhalten, um bei seinem Gegenüber eine große Wirkung zu erzielen.

Wer meint, dies mit einer Methode oder einem System mal eben trainieren zu können, wird in die nächste Falle stolpern. Denn es sind die Methoden oder Systeme der anderen und niemals die Eigenen!

Daher bringen solche „Trainings“ zwar meist kurzfristig eine Besserung, aber selten hält dies langfristig an, da man lediglich an den Symptomen gearbeitet, aber die Ursache außen vorgelassen hat. Auch dieses Schicksal eint Mensch und Hund!


Seien Sie authentisch und akzeptieren Sie sich und Ihren Hund mit allem, was andere als nicht perfekt bezeichnen, kann bereits eine große Last von Mensch und Hund abfallen und sich eine erste Besserung eines Problems einstellen.


©Marion Höft

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