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Marion Höft

Blog Pfote today

Mensch und Hund

Gefangen in einer fremden Welt!

Was ist nur mit uns Menschen geschehen, warum fürchten wir uns davor eigene Entscheidungen zu treffen, für unser Handeln die Verantwortung zu übernehmen und unser eigenes Leben zu leben?

Als es noch kein Internet und kein Social Media gab, lebten die Menschen so wie sie es für richtig hielten. Es wurde angeschafft was man wirklich brauchte, es wurden Entscheidungen getroffen und dafür gerade gestanden, es wurde sein eigenes Leben gelebt.

Für die Kinder brauchte es keine Supernanny und keine Bespaßungsparks. Smartphone oder Spielekonsolen waren noch nicht erfunden und wurden auch nicht vermisst. Es gab Regeln und Grenzen ebenso wie Liebe und Zuwendung. Kinder brauchten keine Hunde als Spielkameraden, sie hatten echte Freunde und Freude an der Natur.

 

Hunde wurden als Hunde gesehen und auch dementsprechend beschäftigt. Sie waren Wächter, Jäger oder halfen bei der Viehherde. Über die Fütterung hat man sich keine Gedanken gemacht, sie bekamen was übrig blieb! Viele Menschen und auch die Hunde blieben fit bis ins hohe Alter.

Heute überlassen wir die Verantwortung Google, Facebook und Co. Alles wird gegoogelt oder in entsprechenden Gruppen ausführlich diskutiert: Erziehung, Ernährung, Beschäftigung von Mensch und Hund.

Mit einem Klick ist alles parat.

Wir Menschen sind abgetaucht in eine Welt, die uns unsere Entscheidungen abnimmt, die immer eine Antwort auf alle Fragen hat und in der unsere Freunde sind - immer online, immer auf Empfang, immer woanders.

 

Die Wirklichkeit wird durch Selfies für die Cyberwelt festgehalten, fernab unseres Auges, fernab unserer Wahrnehmung. Über jeden Kommentar der vermeintlichen 3000 Freunde freut man sich. Und doch ist man allein, allein in der Realität.

 

In diese Welt zwingen wir unsere Hunde. Was die Erziehung betrifft wird Google bemüht. Klappen die dort empfohlenen Trainingsprogramme nicht, wird ausführlich bei Facebook diskutiert. Ob all die Tipps und Tricks sinnvoll sind, wird nicht hinterfragt. Nur keine Verantwortung übernehmen!

 

Das Internet übernimmt für uns das Denken und Nachdenken. Was dort geschrieben steht ist Gesetz und wird befolgt.

Stürzt das Smartphone ab oder ist der Empfang gestört, sind viele Menschen hilflos wie kleine Kinder. Kein Google oder Facebook kann helfen, man ist auf sich allein gestellt in einer Welt die fremd geworden ist. Man ist plötzlich gezwungen, Entscheidungen zu treffen und fühlt sich hoffnungslos überfordert.

 

 

Ich erlebe es häufig bei meinen Seminaren oder Vorträgen, wenn ich die TeilnehmerInnen bitte, die Handys auszuschalten. Das Entsetzen könnte kaum größer sein!

Wie passen unsere Hunde in diese Welt, in eine Welt in der für das Hier und Jetzt kein Platz ist?

Nicht von ungefähr steigt die Zahl der „Problemhunde“, nicht von ungefähr finden sich immer mehr Hunde in dieser für sie völlig fremden Welt nicht zurecht. Der Mensch ist physisch aber nicht mehr emotional anwesend.

Hunde sollen unsere kälter gewordene Welt ein wenig erwärmen, uns zum Lachen bringen und da sein, wenn wir jemanden brauchen. Und sie sollen Ruhe geben, wenn wir in die andere Welt abtauchen.

 

 

Wie können wir uns anmaßen mit Hunden zurechtkommen zu können, wenn wir kaum noch mit uns selber zurechtkommen? Wir verkleiden uns für schöne Bilder, Lachen obwohl uns nicht zum Lachen ist und nehmen uns selbst und unsere wahren Bedürfnisse kaum noch wahr.

 

 

Wir versuchen unser Glück zu kaufen. Kaufen Klamotten, Schmuck, Handys, Autos und und und. Sobald der kurze Rausch des käuflichen Glücks vorbei ist, wird weiter geshoppt in der Hoffnung, dass das große Glück doch käuflich ist.

Auch unseren Hunden wollen wir ihr Glück kaufen. Spielzeug, Betten, Kleidung, die zehnte Leine oder das teuerste Futter vom anderen Ende der Welt. Wie wenig es für das wahre Hundeglück aber braucht nehmen wir nicht wahr, vor den wirklichen Bedürfnissen unserer Hunde verschließen wir uns. Im Internet steht schließlich etwas anderes.

 

Wir halten es kaum noch mit uns aus, ziehen rastlos von einem Ort zum anderen, immer auf der Suche. Wir können kaum noch in ganzen Sätzen sprechen aber verlangen von unseren Hunden, dass sie uns verstehen. OMG!

Wir sind gestresst und überfordert in einer Welt, in der für Individuen kein Platz ist, in der Eigenständigkeit und Eigenverantwortung nicht gewollt und nicht gewünscht ist. Wir leben in einer Welt, die jeden und alles fremdbestimmt, einer Welt in der andere den Mainstream vorgeben. Eine Welt, in der für Andersdenkende und Andershandelnde kein Platz ist. Eine Welt, die keine Außenseiter duldet.

Wer der Masse nicht folgt, wird beschimpft und beleidigt. Wer seine eigenen Entscheidungen trifft bekommt die dunkle Seite der neuen Welt zu spüren. Im Schutz der Anonymität kommen sie heraus: all die Hater und Neider die ihren Frust an denen rauslassen, die ihren eigenen Weg gehen und nicht der Meinung der Mehrheit folgen.

 

Diese Welt macht es Mensch und Hund nicht leicht. Getrieben von Klicks und Likes zwingt man sich immer neue Höchstleistungen ab um die Erwartungen der Anderen zu erfüllen. Perfekt muss Mensch und Hund sein, was und wie auch immer das sein soll.

Und dann kommt der Tag an dem nichts mehr geht:

 

Die Hunde beißen um sich, der Mensch bricht zusammen.

 

Es ist an der Zeit mal innezuhalten und sich zu fragen, ob es das ist was wir wirklich wollen, ob wir wirklich das Leben der anderen leben wollen, ob wir wirklich nicht mehr selber denken und entscheiden wollen? Wollen wir wirklich die Entscheidung für unser Leben anderen überlassen wollen?

 

Unsere Hunde können uns helfen, wieder zurückzufinden in ein Leben im Hier und Jetzt, zurückzufinden in eine Welt die realer nicht sein kann. Sie können uns lehren, den Stecker zu ziehen und den Augenblick zu genießen. Sie können uns zeigen wie wenig es zum großen Glück braucht:

 

Es ist die wunderbare Zumutung selbst denken zu dürfen (NZZ)

 

Ein guter Beginn könnte sein, beim gemeinsamen Gassi nur den Empfang zu seinem Hund her zuzustellen und die digitale Welt abzustellen, um gemeinsam die Wunder der Natur zu genießen, um miteinander wachsen zu können.

 

©Marion Höft

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